Riepe: Il Messia

Sektion IV/1

Juliane Riepe, Halle

Il Messia. Eine neue Quelle zur frühen Händel-Rezeption außerhalb Großbritanniens

Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass Händels Opern, die erst im frühen 20. Jahrhundert wieder den Weg in die Musikpraxis fanden, zu seinen Lebzeiten in Italien, England und Deutschland zu hören waren, während die englischsprachigen Oratorien, an die sein Nachruhm lange und wesentlich gebunden blieb, vor Händels Tod nie auf dem Kontinent erklangen. Aber auch nach 1759 brauchte es einige Jahre, bis dieses stark auf seinen Entstehungskontext zugeschnittene Repertoire außerhalb Großbritanniens auf Interesse stieß und aufgeführt wurde. Die frühesten Aufführungen auf dem europäischen Festland fanden bekanntlich (eine weitere Paradoxie) nicht etwa in Deutschland statt (wo Händels Oratorien das ganze 19. Jahrhundert hindurch zu hören sein würden), sondern in Italien, wo man über eine starke eigene Gattungstradition verfügte und die händelsche Ausprägung des Oratoriums noch lange als fremd empfand. Nichtsdestoweniger stießen die Aufführungen mehrerer Oratorien Händels, die in den Jahren ab 1768 in Florenz auf Initiative von George Nassau Clavering-Cowper stattfanden, auf großes Interesse. Während viele Details dieses frühen Florentiner Händel-revival recht gut erforscht sind, wissen wir kaum etwas über die musikalischen Quellen. 2019 konnte die Stiftung Händel-Haus eine bis dahin unbekannte italienische Messiah-Bearbeitung erwerben, die in diesen Kontext gehört – vermutlich eine der frühesten Quellen zur Aufführung dieses Werkes außerhalb Großbritanniens. Im Referat soll versucht werden, die bisher bekannten Informationen über diese Partitur zusammenzutragen und den Entstehungskontext dieser italienischen Werkfassung zu rekapitulieren.