Ein Dankeschön und ein Farewell an Clemens Birnbaum

Am 15.7.2025 teilte die Stiftung Händel-Haus in einer Pressemitteilung mit, dass die Zusammenarbeit mit dem Direktor des Händel-Hauses und Intendanten der Händel-Festspiele Clemens Birnbaum „zum 30. September 2024“ beendet worden sei. Der darin erfolgten Würdigung seiner Leistungen möchte ich im Namen der Händel-Gesellschaft, der Hallischen Händel-Ausgabe und der Musikwissenschaft an der Martin-Luther-Universität einige wichtige Aspekte aus dem Bereich der Händelforschung hinzufügen.

Clemens Birnbaum initiierte in Zusammenarbeit mit der Hallenser Musikwissenschaft ein wichtiges Forschungsprojekt zur Rezeptionsgeschichte Händels im Deutschland des 20. Jahrhunderts, das vom Beauftragten des Bundes für Kultur und Medien finanziert wurde. Ergebnis des von Dr. Juliane Riepe, Dr. Lars Klingberg, Dr.  Susanne Spiegler und Katrin Gerlach durchgeführten Forschungsvorhabens war nicht nur die weltweit umfangreichste Quellensammlung zu diesem Gegenstand, sondern auch eine große zweibändige Publikation, die neue Maßstäbe für die Erforschung der mit dem Komponisten verbundenen politischen Indienstnahmen sowie der Aufführungs- und Bearbeitungsgeschichte seiner Werke im 20. Jahrhundert setzte. Auf dem Projekt aufbauend, konnte durch eine Förderung der Deutschen Forschungsgemeinschaft ein weiteres systematisch angelegtes Vorhaben zur „Politischen Instrumentalisierung von Musik der Vergangenheit im Deutschland des 20. Jahrhunderts am Beispiel Georg Friedrich Händels“ durchgeführt werden, dessen Ergebnisse ebenso wie die des Vorgängerprojektes in der hauseigenen, seinerzeit von Clemens Birnbaum geleiteten und von Dr. Konstanze Musketa redaktionell betreuten Reihe Studien der Stiftung Händel-Haus erschienen sind.

Für die von Clemens Birnbaum wesentlich geprägte, ebenso enge wie fruchtbare Zusammenarbeit der Stiftung Händel-Haus mit der Händelforschung spricht auch, dass sowohl die Hallenser Habilitationsschrift von Dr. Juliane Riepe Händel vor dem Fernrohr. Die Italienreise wie auch die Dissertationen von Dr. Annette Landgraf zur Rezeption von Händels Oratorium Israel in Egypt und von Dr. Teresa Ramer-Wünsche zu Händels Parnasso in Festa in dieser Reihe erscheinen konnten.

Eigene Forschungen des studierten Musikwissenschaftlers lagen seiner Konzeption zugrunde, sämtliche Pasticcio-Opern von Händel in den von ihm verantworteten Programmen der Händel-Festspiele zur Aufführung zu bringen,  eine Aufführungsserie, die einen ganz neuen, in seiner Vollständigkeit einzigartigen Blick auf diese Werkgruppe ermöglichte. Überhaupt war Clemens Birnbaum stets bestrebt, die neu erschienenen Bände der Hallischen Händel-Ausgabe durch Erstaufführungen nach deren Notentexten in den Festival-Programmen zu würdigen.

Eine großartige Idee von ihm waren und sind auch die Studienkurse der Stiftung Händel-Haus, die Studierenden der Musikwissenschaft und Musik die Möglichkeit eröffnen, die vielfältigen Sammlungsbestände des Händel-Hauses in Verbindung mit editionspraktischen Seminaren, an denen der Editorial Board, verschiedene Bandherausgeber sowie die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Hallischen Händel-Ausgabe stets beteiligt waren, kennenzulernen.

Das sind aus meiner Sicht einige wichtige „Highlights“ der erfolgreichen Zusammenarbeit von Hallenser Händelforschung und Stiftung Händel-Haus unter der Ägide von Clemens Birnbaum, denen sich weitere hinzufügen ließen. Ihm sei für diese Zusammenarbeit sehr herzlich gedankt. Mit diesem Dank verbinden sich die besten Wünsche für die Zukunft auf dem Weg zu neuen Ufern, den ja die Heldinnen und Helden der Händel-Opern wieder und wieder in ihren Gleichnis-Arien besungen haben: Nach vielen Stürmen und dem glücklichen Umschiffen vieler Klippen erreichen sie allemal sichere Gestade.

Wolfgang Hirschmann