Solomon

HWV 67 (I/27.1,2: Notenband mit Kritischem Bericht, 2 Teilbände), herausgegeben von Hans Dieter Clausen, Kassel 2014

Händel komponierte sein Oratorium Solomon zwischen dem 5. Mai und dem 13. Juni 1748. Das Oratorium zeigt vier Episoden aus dem Leben des israelitischen Königs Salomo, die durch das 1. Buch der Könige und das 2. Buch der Chronik überliefert sind: die Weihe des von Salomo erbauten Tempels in Jerusalem, das Eheglück Salomos an der Seite der Tochter des ägyptischen Pharaos, das Urteil Salomos im Streit zweier Frauen um ein neugeborenes Kind und den Besuch der Königin von Saba. Der Textdichter ist unbekannt. Die Uraufführung fand am 17. März 1749 im Londoner Covent Garden Theatre statt. Weitere Aufführungen folgten am 20. und 22. März. Für zwei Wiederaufführungen am 2. und 7. März 1759 bearbeitete er das Werk im Herbst 1758 textlich und musikalisch von Grund auf. Dabei strich er den ersten Akt und beschränkte sich auf die dritte und vierte Episode der ursprünglichen Handlung. In dieser Gestalt wurde das Werk am 2. und 7. März 1759 im Londoner Covent Garden Theatre unter der Leitung von J. C. Smith jun. aufgeführt.

Unter Händels dramatischen Oratorien nimmt Solomon eine Sonderstellung ein: Seine Partitur ist reich instrumentiert, und Händel berücksichtigte bereits bei der Komposition von Beginn an das Vorhandensein zusätzlicher Streichinstrumente, deren Aufgabe es ist, als Ripieno in besonders bezeichneten Takten bestimmter Sätze verstärkend hinzuzutreten. Händel muss von Beginn der Komposition an sicher gewesen sein, dass er 1749 über mehr Chorsänger und Instrumentalisten würde verfügen können als in einer normalen Oratorien-Saison. Bereits 1747 und 1748 konnte er offenbar sein Bläser-Ensemble so verstärken, dass er in der Lage war, zusammen mit den jeweils neuen Oratorien Concerti a due cori aufzuführen. Zu einer vollständigen Bläser-Besetzung mit mehreren Traversflöten traten nun zusätzliche Streichinstrumente für das Ripieno und so viele Chorsänger, dass er – wie in Israel in Egypt – Doppelchöre einplanen konnte.

Diese Ausgabe bietet durch den Anhang II zum ersten Mal die Möglichkeit, die zweite Fassung des Oratoriums von 1759 aufzuführen. Diese ist bedeutend kürzer, dürfte aber allenfalls auf historisches Interesse stoßen. Sie ist dramaturgisch unbefriedigend, da ihr Textbearbeiter, einen vermeintlichen Mangel der ersten Fassung behebend, den dramatischen und personellen Handlungszusammenhang auf sehr fragwürdige Weise hergestellt hat und die neu komponierten bzw. bearbeiteten Sätze nicht die Qualität des gestrichenen ersten Aktes erreichen. Deshalb wird die Version der Uraufführung weiterhin die erste Wahl bleiben.

(Quelle: Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz, Jahresbericht Hallische Händel-Ausgabe 2014)