HWV 6 (II/3: Notenband mit Kritischem Bericht), herausgegeben von John E. Sawyer
Agrippina war Händels letztes in Italien vollendetes Werk. Die Aufführungsserie der Oper am Teatro Grimani di San Giovanni Grisostomo in Venedig vom 26. Dezember 1709 bis Anfang Februar 1710 unter der Leitung des Komponisten stellte eine seiner erfolgreichsten italienischen Unternehmungen dar. Das ausgezeichnete Libretto, eines der besten, die er in Musik setzte, war gewiss in hohem Maße für den Erfolg mitverantwortlich. Als eines der wenigen originalen Opernlibretti, die Händel komponierte, bot es ihm eine dicht gewobene Handlung, scharf gezeichnete Charaktere und eine beträchtliche emotionale Vielfalt. Der Komponist brachte niemals eine Wiederaufführung von Agrippina in London oder anderswo heraus, verwendete aber einige der schönsten Arien in zwei seiner frühen Londoner Opern, Rinaldo (HWV 7) und Il pastor fido (HWV 8). Der Ruhm Händels und des Werkes führte zu selbständigen Produktionen in Neapel (1713) und Hamburg (1718).
Der Hauptteil der Edition präsentiert den Status der Oper während der ersten Aufführungen im Jahre 1709. Dazu gehören auch musikalische Vorschläge — vier Sätze aus der Ouvertüre zu Rodrigo (HWV 5) — für das am Ende der Oper stehende Ballett, auf das sowohl in der Kompositionspartitur als auch im Librettodruck zur Uraufführung verbal hingewiesen wird, ohne dass eine der überlieferten Agrippina-Quellen entsprechende Musik böte. Der Anhang I enthält originale und rekonstruierte Stücke, die vermutlich in einzelnen Vorstellungen der ersten Aufführungsserie erklangen. Im umfangreicheren Anhang II dagegen steht Musik, die nicht zur ersten Aufführungsserie gehört, größtenteils gestrichene Sätze aus der Kompositionspartitur.
(Quelle: Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz, Jahresbericht Hallische Händel-Ausgabe 2013)