HWV 32 (II/29: Notenband mit Kritischem Bericht), hrsg. von Reinhold Kubik, Kassel 2012
Arianna in Creta war die wichtigste Neuproduktion der ersten Spielzeit von Händels letztem Opernunternehmen. Mit einem bereits mehrfach bewährten Libretto und dem Star-Kastraten Giovanni Carestini wollte er dem von Nicola Antonio Porpora geleiteten Konkurrenzunternehmen, der Opera of the Nobility, die ein verwandtes Sujet, Arianna in Nasso präsentierte, in den Wettstreit treten. Am 5. Oktober 1733 beendete Händel die Komposition, die Premiere fand am 21. Januar 1734 im Kings Theatre am Haymarket statt.
Carestini kam erst nach Beendigung der Komposition der Arianna in London an, was bedeutende Konsequenzen für die Partitur hatte. Der Sänger hatte der Frühzeit seiner außerordentlichen Karriere eine hohe Sopranstimme, die inzwischen tiefer geworden war, und zwar stärker, als Händel angenommen hatte, denn er musste nun fast alle Arien des Teseo nach unten transponieren. Außerdem beanspruchte der Sänger mehr Gesangsnummern, als ursprünglich für ihn vorgesehen waren. Händel erweiterte Carestinis Rolle des Teseo auf sieben Arien und zwei Duette. Dafür wurde die Partie des Alceste um eine Arie auf vier gekürzt. Händel hatte von Anfang an eine sehr große Sympathie für das zweite Paar. Im Ursprungskonzept waren vier Arien und ein Duett für Teseo, aber fünf Arien für Alceste vorgesehen. Die Quellen erlauben die Feststellung, dass zumindest ein Teil dieser Änderungen erst zu einem späten Zeitpunkt während der Proben erfolgte. Die Oper wurde in der Spielzeit 1733/34 16 Mal aufgeführt. Im Herbst 1734 übersiedelte Händels Opernensemble an das Covent Garden Theatre, wo er über einen kleinen Chor und das Ballettensemble von Marie Sallé verfügen konnte. Händel nutzte diese Möglichkeiten und fügte an allen Aktschlüssen Tanzsätze ein. Die Ballettsätze des ersten und dritten Aktes sind überliefert, die des zweiten Aktes nicht, dafür wurde ein Herausgebervorschlag eingefügt. Wegen notwendig gewordener Umbesetzungen gab es Änderungen bei den Arien.
Die Urfassung, die sich lückenlos rekonstruieren ließ, wird im Anhang I abgedruckt, die Änderungen für die Spielzeit 1734/35 befinden sich im Anhang II.
(Quelle: Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz, Jahresbericht Hallische Händel-Ausgabe 2012)