Parnasso in festa per gli sponsali di Teti e Peleo

HWV 73 (II/30: Notenband mit Kritischem Bericht), herausgegeben von Teresa Ramer-Wünsche, Kassel 2017

Am 14. März 1734 fand in London die Hochzeit zwischen Prinzessin Anne, der Princess Royal, und dem niederländischen Prinzen Wilhelm IV. von Oranien statt. Händel leistete Beiträge sowohl zur Trauzeremonie in der French Chapel von St. James’s Palace als auch zu den öffentlichen Feierlichkeiten. Er komponierte für den Gottesdienst das Anthem „This is the day which the Lord has made“, HWV 262, und für das Theater am Vorabend der Trauung die Serenata „Parnasso in festa per gli sponsali di Teti e Peleo“, HWV 73. Beide Werke sind zum großen Teil aus dem englischsprachigen Oratorium „Athalia“, HWV 52, entlehnt, das am 10. Juli 1733 in Oxford uraufgeführt worden und zum Zeitpunkt der königlichen Hochzeit noch nicht in London erklungen war.

Händel komponierte „Parnasso in festa“ wahrscheinlich Anfang 1734. Er stellte dabei einen Großteil der Musik des Werkes aus bereits vorhandenen Stücken aus verschiedenen Werken („Athalia“, HWV 52, „Radamisto“, HWV 12a, „Il trionfo del Tempo e del Disinganno“, HWV 46a, und „Delirio amoroso“, HWV 99) zusammen, nur neun der insgesamt 33 Gesangsnummern zuzüglich der Ouvertüre schrieb Händel völlig neu. Diese Werkgestalt spiegelt sich in der Quellenlage wider: Es existiert keine autographe Kompositionspartitur der gesamten Serenata, dafür stellt die Direktionspartitur eine Gemeinschaftsarbeit von Händel und seinem Hauptkopisten John Christopher Smith senior dar. Kompositionspartituren einzelner neu geschriebener Stücke sind erhalten. Der italienische Text der Serenata ist eine Neudichtung, vermutlich von Giacomo Rossi. Die Handlung spielt vor dem Hintergrund der Verbindung von Peleus, dem König der Myrmidonen von Phthia in Thessalien, mit der Nereide Thetis. Den griechischen/römischen Mythos der Meeresnymphe, die sich durch Verwandlungen der Werbung Peleus’ zu entziehen versuchte, schließlich seufzend nachgab und ihren Sohn Achill empfing, erzählte u. a. Ovid im XI. Buch seiner „Metamorphosen“, Vers 221–265. Die anschließende Hochzeit, zu der die olympischen Götter geladen waren, wurde von Catull in seinem „carmen“ 64 beschrieben. In der Serenata nun lädt Apollo die Bewohner des Berges Parnass zu einem Fest ein, das anlässlich dieser Hochzeit begangen wird. Verschiedene Musen, Götter, Nymphen, Hirten und weitere mythologische Figuren eilen herbei, um dem Brautpaar zu huldigen. Doch die Feierlaune wandelt sich zweimal durch rückblickende Episoden zu Wehmut und Schmerz: Man erinnert sich an die großen Liebestragödien von Apollo und Daphne sowie von Orpheus und Eurydike.

Die Edition der HHA, die den korrekten Titel „Parnasso in festa“ trägt (der in der Literatur häufig gebrauchte Titel „Il Parnasso in festa“ scheint auf die Chrysander-Ausgabe von 1878 zurückzugehen), bildet die Fassung der ersten Aufführungen im März 1734 ab. Drei Anhänge rekonstruieren die komplizierte Fassungsgeschichte der zum Teil sehr verschiedenen Wiederaufnahmen von 1737, 1740 und 1741 und enthalten verworfene und veränderte Musiksätze sowie die Darstellung der vorgenommenen Änderungen von Bühnenfiguren.

Nach diesem HHA-Material wurde im Sommer 2017 eine CD-Produktion des Labels PENTA- TONE mit Andrea Marcon und dem La Cetra Barockorchester sowie David Hansen in der Hauptrolle des Apollo veröffentlicht.

(Quelle: Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz, Jahresbericht Hallische Händel-Ausgabe 2017)