Tu fedel? tu costante?

HWV 171a  (V/5: Notenband mit Kritischem Bericht), herausgegeben von John H. Roberts, Kassel 2016

Händel komponierte mindestens dreißig italienische Kantaten oder Serenaten mit obligaten Instrumenten. Siebenundzwanzig weltliche italienische Kantaten mit Instrumenten sind bereits in der Hallischen Händel-Ausgabe in drei Bänden erschienen, herausgegeben von Hans Joachim Marx. Kürzlich wurde in der privaten Sammlung des niederländischen Cembalisten und Dirigenten Ton Koopman eine bislang unbekannte und stark abweichende Fassung der dort veröffentlichten Kantate „Tu fedel? tu costante?“, HWV 171 gefunden. Sie erhielt die HWV-Nummer 171a und wird in dem vorliegenden Supplementband zu der Ausgabe von Hans Joachim Marx zum ersten Mal veröffentlicht. Der Text von „Tu fedel? tu costante?“, so gut wie identisch in beiden Fassungen, ist die Klage einer verletzten Liebenden, die entdeckt hat, dass sie von ihrem geliebten Fileno betrogen wurde.

Die Quelle von HWV 171a ist ein Manuskript in einem Band mit 100 Blättern, der zwölf italienische Kantaten enthält. HWV 171a ist das erste Stück; ihm folgt unmittelbar Händels Solokantate „Aure soavi, e liete“, HWV 84. Der Rest der Handschrift besteht aus neun Kantaten mit Basso continuo, eine davon in zwei Abschriften von verschiedenen Kopisten. Schon aus rein stilistischen Gründen kann man folgern, dass HWV 171a vor HWV 171 entstand. Händel komponierte vermutlich die erste Fassung von „Tu fedel? tu costante“ 1705 in Norditalien, bevor er nach Rom kam.

Seine zuvor bekannte Vertonung dieses Textes, HWV 171, ist mit Sopran, zwei Violinen und Basso continuo besetzt. Neben den vier Rezitativen und Arien enthält sie eine ausgedehnte einleitende Sonata für das Instrumentalensemble. HWV 171a hat dieselbe Grundanordnung wie HWV 171, jedoch gibt es in ihr keine einführende Sonata. Die Singstimme ist ebenfalls ein Sopran, HWV 171a weicht jedoch von HWV 171 dadurch ab, dass zu den Violinen eine Oboe hinzukommt (zumindest stellt es sich so in der Quelle dar). Ansonsten sind die beiden Fassungen der Kantate bis zum Ende der ersten Arie nahezu identisch, danach weichen sie deutlich voneinander ab.

Dieser Band ist ein Supplement zu HHA, Serie V, Bd. 5, Kantaten mit Instrumenten III, der HWV 171 mit dem zugehörigen Kritischen Bericht enthält. Da die einzige Quelle nicht allgemein zugänglich ist, wurde sie hier als komplettes Faksimile abgedruckt.

(Quelle: Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz, Jahresbericht Hallische Händel-Ausgabe 2016)