Sektion IV/2
Livio Marcaletti, Wien
Johann Simon Mayrs Il Messia – ein frühes Beispiel italienischer Rezeption des Messiah
Zu den Kompositionen, die am meisten zum Ruhm Händels beigetragen haben, sind vor allem seine Oratorien und insbesondere der Messiah zu zählen. Vieles wurde über die deutschsprachige Rezeption dieses Oratoriums am Beispiel der Mozart’schen Bearbeitung geschrieben; weniger bekannt ist hingegen die Wirkung des Messiah auf das italienische Publikum, wie sie sich etwa in Johann Simon Mayrs Überarbeitung in italienischer Sprache niederschlägt.
Während seiner langen Tätigkeit als Kapellmeister in Bergamo engagierte sich Mayr für Aufführungen englischer und deutscher Oratorien, etwa mit einer Übersetzung von Haydns Schöpfung, La creazione del mondo. Nach Mayrs Vorstellung sollten diese Oratorien im Kontext von Wohltätigkeitsveranstaltungen aufgeführt werden, die die englischen und deutschen Benefizkonzerte nachahmen sollten. Im persönlichen Nachlass Mayrs – heute in der Biblioteca civica Angelo Mai in Bergamo – sind verschiedene Musikalien mit einem Messiah-Bezug aufbewahrt: Eine Abschrift aus dem Druck des Verlegers Preston, eine stark gekürzte und übersetzte Fassung, ein ‘Spartitino’ für Blasinstrumente und Stimmen einer lateinischen Fassung des Hallelujah, auf dessen Grundlage man die exakte Anzahl (und manchmal auch die Namen) der Aufführenden rekonstruieren kann.
Der vorliegende Beitrag zielt darauf ab, die verschiedenen Ebenen dieses Translationsprozesses aufzuzeigen. In der Analyse werden u. a. folgende Aspekte berücksichtigt: Die Veränderungen des melodischen Profils aus prosodischen Gründen, die meist der Überarbeitung Mozarts geschuldete Orchestrierung sowie die Balance zwischen Vokal- und Instrumentalstimmen. Diese Analyse ermöglicht eine genauere Darstellung des Klangbilds, das für die Musik Händels in Norditalien im frühen 19. Jahrhundert charakteristisch war.